Wissenschaftsblog: Neues aus der (Erholungs-) Forschung

Kurze tägliche Entspannungsübungen haben einen anhaltenden Erholungseffekt

Bei berufstätigen Personen, die zehn Tage lang täglich Entspannungsübungen von sieben Minuten Dauer machten, kam es von Tag zu Tag zu einer Verminderung der Müdigkeit. Es war dabei egal, ob die Personen Progressive Muskelentspannung machten (Anspannen und Entspannen einzelner Muskelgruppen) oder ob sich vorstellten, in der Natur zu sein (und dabei Vogelgesang, einen Bach oder andere Naturgeräusche hörten). Beide Übungen führten gleichermaßen dazu, dass die abendliche Ermüdung schrittwiese über diese Zeitspanne abnahm. Der Erholungseffekt kurzer Entspannungsübungen summiert sich somit von Tag zu Tag, kurze Entspannungsübungen entfalten somit mit der Zeit eine große Wirkung.

Steidle, A., et al. (2017). "Energizing respites from work: a randomized controlled study on respite interventions." European Journal of Work and Organizational Psychology 26(5): 650-662.

Der Aufenthalt in der Natur bzw. die Wahrnehmung natürlicher Motive reduziert Stress

Eine neue Meta-Analyse, also eine statistische Zusammenfassung von Studien, zeigt, dass der Aufenthalt in der Natur bzw. die Betrachtung von Fotos oder Videos mit natürlichen Motiven bzw. Landschaften dazu führt, dass die biologische Stressreaktion schneller abklingt als beim Aufenthalt in städtischen Umgebungen bzw. die Betrachtung von Fotos oder Videos von städtischen Umgebungen. Dieser Effekt zeigt sich sowohl für das Herzkreislauf-System (Blutdruck, Herzfrequenz) als auch für Stresshormone (Kortisol). Es gilt somit als gesichert, dass der Aufenthalt in der Natur somit ein wirksames Mittel ist, um Stress abzubauen und körperliche wieder zur Ruhe zu kommen.

Gaekwad, J. S., et al. (2023). "A meta-analysis of physiological stress responses to natural environments: Biophilia and Stress Recovery Theory perspectives." Journal of Environmental Psychology 90. Link

Tips für eine gute Urlaubsgestaltung (zitiert aus G. Blasche: Erholung 4.0, Maudrich 2020):

➜ Hetzen Sie nicht in den Urlaub, sondern nehmen Sie sich ausreichend Zeit, um die Dinge in Ruhe abzuschließen und einzupacken.
➜ Lassen Sie Ihre Arbeit zu Hause, insbesondere dann, wenn diese fordernd und mühsam ist, sowie während Kurzurlauben.
➜ Gestalten Sie Ihren Urlaub Ihren Bedürfnissen und Neigungen entsprechend und nicht, um andere zu beeindrucken.
➜ Wenn Sie mit Ihrer Familie verreisen, ist es klug, wenn alle zum Zug kommen.
➜ Legen Sie im Urlaub Ihre Armbanduhr ab. Lassen Sie sich stattdessen von Ihrer inneren Uhr leiten, das fördert die Entspannung.

Blasche, G. (2020). Erholung 4.0. Wien, Facultas/Maudrich.

Ermüdung und Erholung

Interview Gesunde Arbeit - ÖGB & AK, 22. Juni 2021,  Videolink

Ein ein-wöchiger Urlaub verringert Blutdruck und Herzfrequenz

In einer quasi-experimentellen Tiroler Studie zeigte sich, dass Urlauber, die eine Woche Golf in Osttirol spielten, nach dem Urlaub eine geringere Herzfrequenz und einen geringeren Blutdruck als vor dem Urlaub aufwiesen, was auf eine körperliche Entspannungsreaktion hinweist. Bei einer Vergleichsgruppe, die in derselben Zeit mit dem e-Bike unterwegs waren oder Nordic Walken gingen, zeigten sich diese Entspannungseffekte hingegen nur in abgeschwächter Form. Die Ergebnisse bestätigen den Grundtenor anderer Urlaubsstudien, dass Entspannung - wie augenscheinlich durch das Golf-Spielen hervorgerufen - in Kombination mit Naturerleben für einen erholsamen Urlaub maßgeblich ist. Wenngleich Sport ebenso erholungsförderlich sein kann, mag die Bewegungsintensität in der gegenständlichen Studie ein wenig zu hoch gewesen sein. Im Zweifelsfall ist es somit gut, die Dinge im Urlaub geruhsam anzugehen.

Neumayr, G. and P. Lechleitner (2018). "Cardiovascular effects of active short-term holidays." J Transl Sci 4.  Link

Arbeitspausen verringern Ermüdung bei Ärzten im Krankenhaus

Im Krankenhaus tätige Ärzte sind einer großen Arbeitsbelastung ausgesetzt, die in den letzten Jahren überdies kontinuierlich zugenommen hat. Eine Möglichkeit, diese Belastungsfolgen zu verringern sind Arbeitspausen. Deren Wirkung haben wir in einer Studie mit Ärzten des Allgemeinen Krankenhauses Wien im Klinikalltag untersucht. Die Studienteilnehmer und Studienteilnehmerinnen bekamen hierfür ein tragbares Eingabegerät, mit dessen Hilfe sie festhielten, wann sie eine Pause machten sowie - in regelmäßigen Abständen -   das Ausmaß ihrer Ermüdung. Die Ergebnisse zeigten, dass die Ermüdung im Verlauf eines Arbeitstages kontinuierlich zunahm. Ärzte machten jedoch deutlich seltener Pausen als andere Berufsgruppen (weniger als eine Pause pro Tag im Vergleich zu mehr als zwei). Im Vergleich zu der Stunde vor einer (selbstgewählten) Pause war die Ermüdung in den 60 Minuten nach der Pause deutlich geringer. Überdies waren jene Ärzte, die häufiger Pausen machten, weniger ermüdet als diejenigen, die seltener oder gar keine Pausen hielten. In Summe konnten wir mit dieser Studie die Pausenwirkung im Arbeitsalltag von Ärzten im Krankenhaus belegen. Pausen tragen somit nachweislich zur Erholung während der Arbeit bei – nur machen muss man sie!

Blasche G, Arlinghaus A, Crevenna R (2022) The impact of rest breaks on subjective fatigue in physicians of the General Hospital of Vienna. Wiener klinische Wochenschrift 13: 156-161.

Meditation verlängert die Urlaubswirkung

Die positive Wirkung von Achtsamkeitsmeditation ist schon seit längerem bekannt. Sie lässt uns geistig zur Ruhe kommen,  nachsichtiger mit uns selbst und andern umgehen und erleichtert es uns, uns dem gegenwärtigen Augenblick zu öffnen. In gewisser Weise ist es so wie nach einem guten Nachschlaf: wir sind frisch, klar, optimistisch und unbelastet. Was nun, wenn man intensiv über längere Zeit meditiert? Ebendieser Frage  sind wir in einer unlängst veröffentlichten Studie nachgegangen. Dabei haben wir die Wirkung von 2-3 wöchigen Meditationsaufenthalten mit ebenso langen Urlauben bei meditationserfahrenen Personen untersucht. Nach dem Meditationsaufenthalt kam es zu einer deutlichen und nachhaltigen Abnahme der Ermüdung und einer Verbesserung des Wohlbefindens, ein Effekt, der noch 10 Wochen nach Ende des Aufenthalts beobachtbar war. Ein Meditationsaufenthalt schlägt damit einen üblichen Urlaubsaufenthalt bei weitem! Allerdings waren zu unserer Überraschung auch die untersuchten Urlaube von dauerhafter Wirkung, aber nur, wenn während des Urlaubs auch ein wenig meditiert wurde. Bei denjenigen, die das nicht taten, war die Urlaubswirkung wie gewohnt: ein Feuerwerk von Wohlbefinden, aber nur von kurzer Dauer. Jedenfalls bei mit Meditation vertrauten Menschen verstärkt und verlängert Meditation daher die Urlaubswirkung, praktisch unabhängig davon, ob (wie bei den Meditationsaufenthalten) dreißig oder (wie in den untersuchten Urlauben) drei Stunden pro Woche meditiert wurde.

Blasche, G., J. deBloom, A. Chang and O. Pichlhoefer (2021). "Is a meditation retreat the better vacation? effect of retreats and vacations on fatigue, emotional well-being, and acting with awareness." PLoS One 16(2): e0246038.

Informations- und Telekommunikationstechnologien und Erholung I

In einer niederländischen Studie aus dem Jahr 2014 wurden 40 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit und 40 ohne dienstliche Smartphones jeweils am Abend von sechs Arbeitstagen zu ihrem Erholungserleben befragt. Es zeigte sich, dass die Smartphone-Benutzerinnen und -Benutzer sich nach der Arbeit weniger entspannen konnten, aber auch weniger Hobbys nachgingen als jene, die keine Smartphones hatten. Dies war insbesondere der Fall, wenn der Arbeitsdruck hoch war. Die Verwendung von Smartphones, insbesondere zum Lesen und Verschicken von E-Mails, stört somit unsere Erholung. [Auszug aus Blasche, G. (2020). Erholung 4.0]

Derks, D., L. L. ten Brummelhuis, D. Zecic and A. B. Bakker (2014). "Switching on and off … : Does smartphone use obstruct the possibility to engage in recovery activities?" European Journal of Work and Organizational Psychology 23(1): 80-90.

Informations- und Telekommunikationstechnologien und Erholung II

In einer belgischen Studie wurde bei erwerbstätigen Eltern untersucht, wie sich die Verwendung des PCs am Abend auf die Ermüdung auswirkt. Es zeigte sich, dass jene Eltern, die häufig am Abend am Computer arbeiteten, müder waren als jene, die das seltener taten, insbesondere wenn die Arbeitsanforderungen hoch waren und die Erreichbarkeit vonseiten der Firma erwartet wurde. Nur bei jenen, die gerne zu Hause arbeiteten und keinen Druck verspürten, beeinträchtigte das Arbeiten am PC die Erholung nicht. [Auszug aus Blasche, G. (2020). Erholung 4.0]

Gadeyne, N., M. Verbruggen, J. Delanoeije and R. De Cooman (2018). "All wired, all tired? Work-related ICT-use outside work hours and work-to-home conflict: The role of integration preference, integration norms and work demands." Journal of Vocational Behavior 107: 86-99.

FAZIT: Die arbeitsmäßige Verwendung von Informations- und Telekommunikationstechnologien beeinträchtigt somit die Erholung, vor allem bei jenen, die einen hohen Arbeitsdruck verspüren und sich genötigt fühlen, zu Hause weiterzuarbeiten. Bei denjenigen, die gerne und ohne Druck zu Hause arbeiten bzw. denen es gelingt, die Verwendung deutlich zu begrenzen, zeigt sich diese Beeinträchtigung jedoch nicht.

Familie fördert Erholung I

In einer schon etwas älteren Studie wurde der Effekt der sozialen Umgebung auf den Blutdruck bei 130 Personen untersucht. Das Ergebnis war eindeutig. Der Blutdruck war im Kreise der Familie am geringsten, im Kreise von Freuden etwas höher und am höchsten, wenn die Person unter Fremden war. Wenngleich nicht auszuschließen ist, dass auch die Tageszeit eine Rolle spielt (am Abend, wenn der Blutdruck abfält,  ist man eher im Kreise der Familie), so zeigt diese Studie dennoch, dass die soziale Umgebung bei der Erholung eine Rolle spielen dürfte. Je vertrauter uns die uns umgebenden Personen sind, desto leichter ist es, "die Maske fallen zu lassen" und sich zu entspannen.

Spitzer, S. B., M. M. Llabre, G. H. Ironson, M. D. Gellman and N. Schneiderman (1992). "The influence of social situations on ambulatory blood pressure." Psychosomatic Medicine 54(1): 79-86.

Familie fördert Erholung II

Eine Studie des britischen Psychophysiologen Andrew Steptoe untersucht den Zusammenhang zwischen der familiären Situation und der Erholung nach der Arbeit bei erwerbstätigen Personen aus London. Als Maß der Erholung wurde der abendliche Blutdruckabfall herangezogen. Verglichen wurden alleinstehenden, in Partnerschaft lebenden und mit Partnerin oder Partner und Kindern lebenden Lehrerinnen und Lehrer. Am stärksten ging der Blutdruck bei Eltern mit Kindern zurück, gefolgt von jenem der Paare ohne Kinder. Die geringste Verminderung des Blutdruckes wurde bei Alleinstehenden beobachtet, obwohl diese sich am Abend genauso häufig zu Hause aufhielten wie die anderen beiden Gruppen. Das Ausmaß der Erholung des Blutdrucks war darauf zurückzuführen, wie sehr sich die Personen der Unterstützung anderer Menschen sicher waren. Dieses Gefühl stieg mit der Größe der Familie. Wir könnten daher sagen: Menschen mit Partnerin oder Partner und insbesondere Familie erleben mehr emotionale Unterstützung, deren erholungsförderliche Wirkung sich sogar am Blutdruck ablesen lässt. [Auszug aus Blasche, G. (2020). Erholung 4.0]

Steptoe, A., K. Lundwall and M. Cropley (2000). "Gender, family structure and cardiovascular activity during the working day and evening." Soc Sci Med 50(4): 531-539.

Pausen: körperlicher Aktivität oder Entspannungsübungen fördern Erholung

Es ist bekannt, dass Arbeitspausen -  eine Unterbrechung der Arbeit zum Zwecke der Erholung - zu einem Abbau der Ermüdung und einer Zunahme der Leistungsbereitschaft führen. Dadurch fühlen wir uns nicht nur besser, wir bringen trotz des Verlusts von Arbeitszeit auch mehr zustande. Der bisherige Wissensstand ist, dass die Erholungswirkung einer Arbeitspause auf die Unterbrechung der Arbeit zurückzuführen ist, unabhängig davon, was wir in einer Pause machen. Mehr als nicht arbeiten geht nicht. Eine neue Studie zeigt, dass dem nicht so ist. Bei dem Vergleich einer „normalen“ Pause mit einer Pause, in der Bewegungsübungen (Laufen am Stand, Dehnungsübungen) sowie einer Pause, in der eine Entspannungsübung (achten auf verschiedene Körperbereiche) durchgeführt wurden zeigte sich, dass sowohl die Bewegungs- als auch die Entspannungspausen wirksamer als die freie Pausen waren. Die Ermüdung reduzierte sich stärker und nachhaltiger. Bei denen, die gar keine Pause machten, stieg die Ermüdung hingegen kontinuierlich an. Die Pausendauer betrug jeweils 6 Minuten. Die Studie wurde mit Studenten währen einer Vorlesung durchgeführt, die Anstrengungsbereitschaft nahm stärker zu. Da es fordernd ist, einer Vorlesung beizuwohnen gehen wir davon aus, dass die Ergebnisse der Studie sich auch auf andere (Arbeits-) Tätigkeiten übertragen lassen, die vergleichbar fordernd sind wie z.B. PC-Arbeit. Es gilt: z.B. fünf Minuten Stiegen steigen oder, sofern möglich, mit geschlossenen Augen auf Körper und Atem achten verstärkt und verlängert die Wirkung einer Kurzpause.

Blasche, G., Szabo, B., Wagner-Menghin, M., Ekmekcioglu, C. and Gollner, E. (2018). Comparison of rest-break interventions during a mentally demanding task. Stress Health 1-10. Link

Die Dauerleistungsgrenze ODER irgendwann muss man eine Pause machen

Körperliche Arbeit lässt sich ohne Pausen nicht verrichten. Irgendwann geht es nicht mehr, bleibt die Kraft weg, braucht es eine Pause, ob wir wollen oder nicht. Physiologen haben diesen Zusammenhang bei der sogenannten “statischen Haltearbeit“, also für jeden ununterbrochenen muskulären Kraftaufwand, wie etwa das Tragen eines Koffers, genauestens untersucht.  Das Ergebnis ist ernüchternd: bei 75% der maximal erreichbaren Kraft (also einen sehr schweren Koffer) beträgt die maximale Haltedauer lediglich 20 (!) Sekunden, bei 50% der Maximalkraft (einen schweren Koffer) nur eine Minute! Einen eher leichten Koffer (also bei 25% der Maximalkraft) können wir immerhin  3 ½ Minuten tragen, aber auch dann ist es aus und der Koffer muss abgestellt werden, oder er fällt uns aus der Hand. Wenn Sie es nicht glauben, versuchen Sie es doch nächstes Mal ohne Rollen. Nur wenn die Belastung unter 15% der Maximalkraft liegt, kann man den Gegenstand (theoretisch) ewig halten. Das ist die erwähnte Dauerleistungsgrenze. Auch wenn die Zusammenhänge bei geistiger Arbeit komplexer sind gilt auch hier: fordernde geistige Arbeit lässt sich ohne Pausen nicht bewältigen, irgendwann kommt es auch hier zu einem Leistungseinbruch.

Rohmert, W. (1960). "Ermittlung von Erholungspausen fur statische Arbeit des Menschen." Int Z Angew Physiol 18: 123-164.

Grüne Mikropausen erhalten die Aufmerksamkeit

Das Betrachten natürlicher Umgebungen wie etwa Bäume, Wiesen oder Gärten erhält die Konzentrationsfähigkeit. Der Grund hierfür ist, dass Grünräume anmutig sind und daher unsere Aufmerksamkeit auf zwanglose Weise an sich ziehen, das heißt, wir wenden uns diesen Reizen gerne zu. Die Wirkung beruht daher, dass wir unsere Aufmerksamkeit bei der Betrachtung natürlicher Umgebungen „parken“. Unsere Aufmerksamkeit ist dabei nicht gefordert, sondern lediglich vorübergehend gebunden und daher auch von andere allenfalls belastende Gedanken verschont. In einer aktuellen Studie führe das Betrachten eines mit einer blühenden Wiese begrünten Daches im Vergleich zu einem grauen Betondach zu  einer Verbesserung der Aufmerksamkeit. Die Aufmerksamkeit wurde dabei durch die Präsentation einfacher geistiger Aufgaben überprüft, die über einen Bildschirm vorgegeben werden. Das überraschende ist, dass in diesem Versuch schon eine „Grünpause“ von 40 Sekunden ausreichte, um die geistige Leistungsfähigkeit zu verbessern. Die „graue“ Pause führte hingegen zu keinen wesentlichen Verbesserungen. Für die Praxis bedeutet dass, das insbesondere bei geistiger Arbeit bzw. Bildschirmarbeit kurze Pausen durchgeführt werden sollten, deren Wirkung durch das Betrachten von etwas Grünem, eventuell durch einen Blick aus dem Fenster, deutlich gesteigert werden kann. Die Pausen sind in diesem Fall auch dann wirksam, wenn sie kurz sind, also etwa nur 30-60 Sekunden lang.

Lee, K. E., K. J. H. Williams, L. D. Sargent, N. S. G. Williams and K. A. Johnson (2015). "40-second green roof views sustain attention: The role of micro-breaks in attention restoration." Journal of Environmental Psychology 42: 182-189. [Link]

Ältere Arbeitnehmer brauchen mehr Erholung

Den Einfluss von Alter auf Gesundheit und Wohlbefinden bei Arbeitnehmern zu untersuchen  ist gar nicht so einfach. Weniger gesunde Arbeitnehmer gehen nämlich früher in Pension, die gesünderen bleiben jedoch noch im Arbeitsprozess. dadurch kann es zu Verzerrungen kommen und der Anschein entstehen, ältere Arbeitnehmer sind gesünder als jüngere. Dennoch ist es uns gelungen, den Einfluss von Alter auf den Erholungsbedarf festzustellen. Arbeitnehmer älter als 55 Jahre, die weniger Freizeitmöglichkeiten haben, haben im Vergleich zu Dreißigjährigen ein größeres Risiko Erschöpft zu sein. In anderen Worten brauchen ältere Arbeitnehmer im Vergleich zu jüngeren mehr Erholung, um Erschöpfung abzuwenden, jüngere kommen auch mit (etwas) weniger Erholung über die Runden. Allerdings konnten wir diesen Zusammenhang nur für Männer feststellen. Ein möglicher Grund hierfür ist, das Frauen frühere in Pension gehen und daher die Anfangs erwähnte Verzerrung auftritt. Die Untersuchung wurde mit den Daten der (großangelegten) österreichischen Gesundheitsbefragung aus dem Jahre 2007 durchgeführt. 

Haluza, D. and G. Blasche (2016). "Fatigue and insufficient leisure opportunities in older employees." Journal of Occupational and Environmental Medicine 58(7): e268-e274. [Link]

Bei 12-Stunden Tagen bleibt keine Zeit zur Erholung

In einer Studie mit Altenpflegern von drei österreichischen Altenpflegeeinrichtungen, die zwei aufeinanderfolgende 12-Stunden Tagschichten machten (7-19 Uhr), zeigt sich erstens, dass der Ermüdungszuwachs 3x so groß war wie an freien Tagen, zweitens, dass die Altenpfleger Müdigkeit vom ersten zum zweiten Arbeitstag "mitnehmen", das heißt, am zweiten Arbeittag müder waren als am ersten und drittens, dass sie danach drei freie Tag brauchten, um sich vollständig zu erholen. Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass an 12 Stunden Arbeitstagen zu wenig Zeit für Erholung besteht, was den Zuwachs an Ermüdung erklärt. Das ist einleuchtend, bedenkt man, dass die Altenpfleger bei 30 Minuten Fahrzeit erst um 19:30 nach Hause kommen. Wenn man (realistische) 2 1/2 Stunden für Essen, Haushalt und Körperpflege einrechnet, so ist es 22 Uhr und damit Zeit zum Schlafengehen, will man am nächsten Tag wieder um 5:30 aufstehen. Freizeit gibt es an solchen Tagen keine. Der Abbau der dabei aufgestauten Ermüdung benötigt dann eben die drei freien Tage.
Blasche, G., V. M. Bauböck and D. Haluza (2017). "Work-related self-assessed fatigue and recovery among nurses." International Archives of Occupational and Environmental Health 90(2): 197-205 [Link]

Lange Arbeitzeit ist ein Risikofaktor für die Gesundheit

In einer neuen, methodisch einwandfreien amerikansichen Studie konnte gezeigt werden, dass Personen, die über einen Zeitraum von mindestens 10 Jahren mehr als 52 Stunden pro Woche arbeiten ein erhöhtes Risiko aufweisen, an Herzkreislauf-Erkrankungen, Krebs und psychosomatischen Störungen zu erkranken. Die Vergleichsgruppe waren Personen, die über den selben Zeitraum 35-51 Stunden pro Woche arbeiteten. Das Ausmaß des erhöhten Risikos beträgt für Krebs 60%, für Herzkreislauf-Erkrankungen 40% und für psychosomatische Erkrankungen 30%. Damit bestätigt die vorliegende Studie jedenfalls für Herzkreislauf-Erkranungen und psychosomatische Erkranungen bereits bestehende Studien. Ein Grund für die Gesundheitsbeeinträchtigung langer Arbeit ist neben dem erhöhten Stresspegel der Erholungsmangel sowie möglicher Weise auch der Schlafmangel. Bei einer Wochenarbeitszeit von über 52 Stunden bleibt kaum mehr Tagesfreizeit, insbesondere wenn andere (familiäre) Verpflichtungen vorliegen.
Conway, S. H., L. A. Pompeii, D. G. R. De Porras, et al. (2017). "The Identification of a Threshold of Long Work Hours for Predicting Elevated Risks of Adverse Health Outcomes." American Journal of Epidemiology 186(2): 173-183 [Link].

Nicht-erholt zur Arbeit macht doppelt müde

Arbeit fordert ein gewisses Maß an Anstrengung und ermüdet daher mit der Zeit. Geht man müde zur Arbeit oder gönne sich zu wenig Pausen während der Arbeit, so muss man gegen die erhöhte Müdigkeit durch größere Anstrengung "ankämpfen", was doppelt ermüdet: durch die Arbeit, und durch das Ankämpfen gegen die Müdigkeit. Daher geht jemandem, der erholt ist und auf Erholung während der Arbeit achtet, die Arbeit leichter von der Hand - und er oder sie ermüdet weniger rasch.
Meijman, T. F. (1997). "Mental fatigue and the efficiency of information processing in relation to work times." International Journal of Industrial Ergonomics 20(1): 31-38.

Naturerleben fördert Erholung

In den frühen 1980er Jahren machte der Geograph Roger Ulrich eine bemerkenswerte Beobachtung: Patienten, die aus ihrem Krankenzimmer Bäume sahen, zeigten eine raschere Genesung nach einer Gallenblasenoperation als jene, die "nur" die gegenüber liegende Hauswand sahen. Seit dieser und ähnlicher Studien gilt als erwiesen, dass Naturerleben unser Gemüt beruhigt und Erholung fördert. Dies liegt daran, dass Formen und Eindrücke aus der Natur unsere Aufmerksamkeit auf zwanglose, "natürliche" Art binden - sie "faszinieren" - und dadurch Gedanken an die Arbeit in den Hintergrund treten lassen - dadurch wird Erholung möglich. Ein (kurzer) Spaziergang im Park, durch den Wald oder über Wiesen ist damit einer der wirksamsten Erholungsaktivitäten.
Ulrich, R. S. (1984). "View through a window may influence recovery from surgery." Science 224(4647): 420-421.

Je größer die Arbeitsbelastung, desto länger dauert die Erholung

In einer jüngst veröffentlichten Studie gelang es uns (Medizinische Universität Wien) als einer der weltweit ersten, einen Zusammenhang zwischen Arbeitsbelastung und Erholungsdauer nachzuweisen. Untersucht haben wir dabei Medizinstudenten in den Tagen während und nach ihrer großen Jahresprüfung. Im Durchschnitt brauchten die Studenten 6 Tage, um sich von dieser Prüfung wieder vollständig zu erholen. Dabei war die Erholungsdauer abhängig vom Ausmaß der Verausgabung während der Prüfungsvorbereitung. Während weniger beanspruchte Studenten sich bereits nach 5 Tagen erholt hatten, brauchten hochgradig beanspruchte Studenten bis zu 8 Tagen! Phasen intensiven Arbeitens erfordern somit oft mehr Erholung als es ein Wochenende zu bieten vermag, will man nicht Montag noch erschöpft in die Arbeit gehen.
Blasche, G., J. Zilic and O. Frischenschlager (2015). "Task-related increases in fatigue predict recovery time after academic stress." J Occup Health 58(1): 89-95.

Tägliches Biofeedback-Heimtraining verringert körperliche Beschwerden bei Bildschirmarbeit

Bildschirmarbeit geht häufig mit Beschwerden im Nacken-Schulterbereich sowie in den Armen einher. In einer Studie der Medizinischen Universität Wien gemeinsam mit der Fachhochschule Burgenland konnten wir zeigen, dass ein 8-minütiges Biofeedback-Entspannungstraining, welches 2x täglich während der Arbeitszeit über einem Zeitraum von 8 Wochen durchgeführt wurde, geeignet ist, diese Beschwerden zu verringern sowie das Wohlbefinden zu steigern. Eine aktive Entspannung während zwei der bei Bildschirmarbeit gesetzlich vorgeschriebenen Pausen kann somit die Entwicklung von körperlichen Beschwerden Einhalt gebieten.
Blasche, G., M. Pfeffer, H. Thaler and E. Gollner (2013). "Work-site health promotion of frequent computer users: Comparing selected interventions." Work 46(3): 233-241.

Entspannen in der Mittagspause verringert Ermüdung am Nachmittag

In einer deutschen Studie konnte gezeigt werden, dass Callcenter-Mitarbeiter, die eine circa 15 minütige Entspannungsübung (Progressive Muskelentspannung) während der Mittagspause durchführen, am Nachmittag weniger müde sind als jene, die "nur" eine normale, gesellige Mittagspause abhalten. Eine Entspannungsübung scheint somit eine nachhaltigere Erholungswirkung zu haben als eine normale Pause. Diese ist zwar auch erholsam, die Erholung hält jedoch nicht so lange an.
Krajewski, J., R. Wieland, et al. (2010). "Regulating Strain States by Using the Recovery Potential of Lunch Breaks." Journal of Occupational Health Psychology 15(2): 131-139.

Die Erholungsforschung ist eine alte Disziplin, deren Ergebnisse leider vielfach in Vergessenheit geraten sind

Wir leben jetzt in einer Zeit hoher Arbeitsbelastung. Doch es gab schon einmal, vor fast 100 Jahren, Sorge um die Leistungsfähigkeit und Gesundheit von Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, nämlich in der Zeit der industriellen Revolution. Damals wurde im Rahmen der angewandten Psychologie intensiv nach Maßnahmen gesucht, die Arbeitskraft und Gesundheit aufrechtzuerhalten. Der König unter diesen Maßnahmen ist die Arbeitspause. Eine Studie von Otto Graf aus dem Jahr 1923 besagt folgendes: "In sieben Versuchsreihen, die mit Hilfe der Kraepelin-Oehrn'schen Rechenhefte durchgeführt wurden, wurden unter Variation der Versuchsbedingungen die Lage und die Dauer der lohnendsten Arbeitspause innerhalb verschieden großer Arbeitsquanten geistiger Arbeit zu bestimmen versucht. Das Ergebnis der Untersuchung besteht darin, dass für Arbeitszeiten bis zu einer Stunde die günstigste Stelle zur Einschaltung einer Pause nach dem zweiten Arbeitsdrittel liegt. Als günstigste Dauer der Pause ergab sieh eine Zeit von 2 bis 3 Minuten, als Grenze 6 Minuten." Immer noch gelten die Ergebnisse dieser und ähnlicher Studien dieser Zeit: eine etwa 6 minütige Arbeitspause alle 50 Minuten erhält die geistige Leistungsfähigkeit am besten und vermeidet Ermüdung. Viel zu selten, jedoch, beachten wir diese Erkenntnis.
Graf, O. (1923). "Über lohnendste Arbeitspausen bei geistiger Arbeit." Psychologische Forschung 3(1): 428-429.

Über Erholung von der Arbeit

Erholung ist die Wiederherstellung der Leistungsfähigkeit nach einer Phase der Beanspruchung. Erholung kann dabei als Prozess verstanden werden, deren Erfolg von einer Reihe von Faktoren abhängt, die das Erholungsverhalten beeinflussen. Der Erholungsprozess ist in Abbildung 1 dargestellt. Er beginnt mit der Wahrnehmung von Erholungsbedürftigkeit bzw. Erschöpfung. Diese Wahrnehmung innerer Zustände tritt jedoch häufig während der Arbeit in den Hintergrund, vor allem bei fordernder geistiger Arbeit. Der/die Arbeitende ist dann dermaßen mit der Aufgabe beschäftigt, dass das eigene Befinden nur bei extremer Abweichung von der Norm ins Bewusstsein tritt. Dieser Tendenz lässt sich durch eine erhöhte Selbstwahrnehmung und Achtsamkeit entgegenwirken.

Wird Erholungsbedürftigkeit festgestellt, ist der nächste (und auf der Hand liegende) Schritt, sich zu erholen. Allerdings gibt es hier vielfältige äußere und innere Barrieren, die häufig das Initiieren von Erholungsverhalten behindern. Als Beispiele für externe Barrieren sind die geringe Autonomie bei der zeitlichen Arbeitsgestaltung, wie es etwa bei FließbandarbeiterInnen der Fall ist, zu nennen, oder der Mangel an Zeit, da andere Aufgaben die Aufmerksamkeit erfordern, wie etwa bei Eltern mit Kleinkindern oder bei Angehörigen von Pflegebedürftigen. Ein wesentlicher interner Faktor, der Erholungsaktivitäten verhindert, ist ein Zweifel an der Notwendigkeit von Erholung bzw. Arbeitsüberengagement. Dieser Faktor beschreibt Personen, die dermaßen in ihre Arbeit involviert sind, dass sie Arbeit schwer auf den nächsten Tag verschieben oder abschalten können.

        Ein Schlüssel für die erfolgreiche Erholung ist das Abschalten. Abschalten umfasst die Fähigkeit, sich mental und emotional von der vorangegangenen Aufgabe bzw. den vorangegangenen Belastungen zu distanzieren anstatt sich damit weiter zu beschäftigen. Im Falle des Nicht-Abschaltens dringend die Inhalte immer wieder ins Bewusstsein und verhindern dadurch eine Entspannung. Mehrere Faktoren beeinflussen die Fähigkeit abzuschalten. Nicht abgeschlossene Tätigkeiten werden leichter erinnert als abgeschlossene und erhöhen damit die Wahrscheinlichkeit der mentalen Weiterbeschäftigung („Zeigarnik-Effekt“). Eine einfache Möglichkeit dem entgegenzuwirken ist, eine „zu tun“ Liste anzulegen, die unerledigten Arbeiten finden damit einen (vorübergehenden) Abschluss. Auch der emotionelle Gehalt der Arbeit spielt eine Rolle. Nach emotional belastenden Aufgaben und Stress kommt es zu einer verzögerten Erholung.

Blasche, G. (2010). "Psychologie der Erholung unter besonderer Berücksichtigung des Tourismus." Psychologie in Österreich 30(1): 38–44 [PDF]. Blasche G (2013) Recovery from Work as a Means to Compensate for Increasing Work Demands. Occupational Medicine & Health Affairs 1: 124 [Link]

Urlaub ist erholsam - aber leider währt der Effekt nur kurz

Ein Urlaub ist gekennzeichnet durch eine Reihe von recht bald eintretenden, jedoch nicht allzu lange anhaltenden Erholungseffekten. Während des Urlaubs fühlen sich ArbeitnehmerInnen weniger erschöpft und ausgebrannt, haben eine bessere Stimmung, weniger psychosomatische Beschwerden, und einen durchschnittlich geringeren Blutdruck als vor dem Urlaub. Dieser Erholungseffekt besteht auch in den Tagen nach dem Urlaub, klingt allerdings bedauerlicherweise recht rasch ab, sodass 2–3 Wochen nach dem Urlaub meist schon wieder die Vor-Urlaubswerte erreicht sind.Der Urlaubseffekt kommt durch eine Kombination aus Arbeitsunterbrechung, Ortswechsel und den Einflüssen der Urlaubsumgebung und –aktivität zustande. Ausreichend Zeit für sich, eine warme Umgebungstemperatur und körperliche Aktivität sind erholungsförderlich, Arbeitssorgen und eine große Zeitzonendifferenz zwischen Urlaubsort und Heimatort reduzieren den Erholungseffekt bzw. tragen sogar zu einer Erhöhung der Erschöpfung bei. Die Urlaubsdauer spielt hingegen kaum eine Rolle bei der Erholungswirkung, sofern der Urlaub mindestens mehrere Tage umfasst.

Blasche, G. (2008). "War dein Urlaub erholsam? Ergebnisse und Anwendungen der Erholungsforschung." Psychologie in Österreich 3&4: 306-314 [PDF]. Strauss-Blasche, G., B. Reithofer, W. Schobersberger, et al. (2005). "Effect of vacation on health: moderating factors of vacation outcome." J Travel Med 12(2): 94-101 [Link]. de Bloom, J., M. Kompier, S. Geurts, et al. (2009). "Do we recover from vacation? Meta-analysis of vacation effects on health and well-being." Journal of Occupational Health 51(1): 13-25.